Als „erneut erschreckend“ bezeichnet Günter Famulla, Vorsitzender des Paritätischen Niedersachsen, die Ergebnisse des Armutsberichtes der Bundesregierung, der heute detailliert vorgestellt wird. „Jeder vierte Bundesbürger lebt in Armut oder muss durch staatliche Hilfe davor bewahrt werden. Es ist dringend erforderlich, ein ganzheitliches politisches Konzept zur Bekämpfung von Armut vorzulegen“, sagt Famulla und ergänzt: „Die soziale Schere geht immer weiter auseinander, die Reichen werden reicher und die Armen immer armer. Das hält auf Dauer keine demokratische Gesellschaft aus.“
Es gelte nun, die Ergebnisse des Armutsberichtes rasch zu analysieren und in Handeln umzusetzen, regt Famulla nachdrücklich an. Dabei gehe es aber nicht um Schnellschüsse oder Scheuklappendenken, es müsse ein grundlegend neues Konzept her. Der Vorsitzende führt aus: „Das ist nicht allein eine Frage von Mindestlöhnen oder Steuerpolitik. Die Bekämpfung der Armut fängt bei Kindergeld und Kindererziehung an, reicht über Bildung und Ausbildung bis hin zur Familienpolitik und sozialen Sicherung. Die Regelsätze für Hartz IV, insbesondere für Kinder, sind dabei ebenso den tatsächlichen Erfordernissen nach oben anzupassen, wie die Bildungspolitik den Schwerpunkt auf einen fördernden und integrativen Charakter der Schul- und Berufsbildung setzen muss. Was viele immer wieder vergessen ist, dass Armut in Deutschland stark an Bildung gekoppelt ist. Kinder aus armen Verhältnissen haben viel geringere Chancen, einen guten Schulabschluss zu erreichen als Kinder reicher Eltern.“
In Deutschland haben Kinder reicher Eltern eine um mehr als siebenmal größere Chance auf einen Studienabschluss als Kinder armer Eltern. Außerdem belegen viele Studien, dass in Armut lebende Menschen eine geringere Lebenserwartung haben. Diese Problematik vergrößert sich mit der sich öffnenden Schere zwischen Arm und Reich. Der Paritätische Niedersachsen fordert deshalb alle Akteure sozialpolitischen Handelns auf, sich an der Bekämpfung von Armut nach Kräften zu beteiligen. Günter Famulla bezeichnet dieses als „gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die umgehend anzupacken ist.“